Bis das Ziel des reinen Edelmetalls erreicht ist, müssen einige Kilometer auf dem Weg der Edelmetall-Rückgewinnung zurückgelegt werden. Der vielleicht wichtigste Meilenstein auf der Strecke ist das Analyse-Ergebnis – als Grundlage für die eigentliche Rückgewinnung von Gold, Silber & Co.
Edelmetallhaltige Teile können von unterschiedlicher Form und Herkunft sein. Um einen einheitlichen Metallgehalt zu erzielen, müssen sie geschmolzen und homogenisiert werden. Die starke Differenzierung der Scheidgut-Chargen wird deutlich, wenn man berücksichtigt, wie unterschiedlich die Edelmetall-Gehalte von Legierungen sein können.
Alleine im Dental-Bereich werden derzeit etwa 1000 verschiedene Edelmetall-Dentallegierungen in Deutschland angeboten, die eines Tages alle dem Kreislauf der Rückgewinnung zugeführt werden.
Die Verflüssigung des Scheidguts geschieht heute mittels modernster Induktionsschmelztechnik, bei der die erforderliche Energie dem Schmelzgut durch ein Induktionsfeld zugeführt wird. Die Funktionsweise ist einem Mikrowellenherd durchaus ähnlich. Beim Schmelzvorgang sind allerdings die Temperaturen ungleich höher. Hier wird auf 1200°C bis 1800°C erhitzt.
Dementsprechend leistungsstark muss die Schmelzanlage (30–120 kW) sein. Zum Schmelzen von 1 kg Material wird ca. 1 kWh Energie benötigt, was angesichts der enormen Temperaturen vergleichsweise effektiv und daher umweltfreundlich ist. Die erforderliche Induktionsleistung pro Schmelzvorgang ist von Art und Menge des jeweiligen Schmelzguts abhängig.
Der Ofen der Schmelzanlage besteht aus einer wassergekühlten Induktionsspule in einem wärmeisolierten Gehäuse. Im Inneren der Spule steht der Grafittiegel mit dem Schmelzgut. Das Induktionsfeld heizt nicht nur den Tiegel auf, sondern wirkt auch direkt auf das metallische Schmelzgut ein, wodurch die Schmelze umgewälzt und homogenisiert wird.
Beim Schmelzen entstehen Schmelzverluste. Bei den hohen Temperaturen verbrennen alle brennbaren Verunreinigungen und Anhaftungen wie Öl, Papier oder Kunststoff. Auch keramische Verblendungen schmelzen und setzen sich infolge ihrer geringen Dichte als Schlacke oben auf der Schmelze ab. Eventuell enthaltene NEM-Dentalstahlteile werden, soweit dies möglich ist, aus der Schmelze entfernt.
Schmelzverluste entstehen aber auch durch die teilweise Oxidation der unedlen Bestandteile von Legierungen wie Zink oder Kupfer. Diese Metalloxide werden vom Schmelzpulver aufgenommen und in die Schlacke überführt. Bei Legierungen mit einem hohen Gehalt an Unedelmetallen ist daher auch mit höheren Schmelzverlusten zu rechnen.
Die Schmelze wird in eine rechteckige Barrenform gegossen. Der erstarrte Schmelzkörper wird auch als Plansche bezeichnet. Diese wird zuerst von allen oberflächlichen Verunreinigungen und Schlackeanhaftungen befreit. Erst danach lässt sich visuell beurteilen, ob die erforderliche Homogenisierung der Metalle erreicht wurde.
Nach dem Wiegen der Plansche werden Metallproben entnommen, um den Edelmetall-Gehalt zu bestimmen. Dies geschieht meistens durch diagonales Bohren an der Ober- und Unterseite der Plansche. Die 2-fache Bohrung soll dafür sorgen, dass das Resultat möglichst repräsentativ für die gesamte Plansche ist. Auch eine Probeentnahme durch Sägen über den gesamten Planschenquerschnitt hinweg ist möglich. Dies ist allerdings sehr aufwändig und lohnt sich nur bei sehr hohen Gewichten.
Das gängigste Bestimmungsverfahren für Edelmetalle ist die 4-Stoff-Analyse, bei der die Gehalte von Gold, Silber, Platin und Palladium ermittelt werden. Die Bestimmung des Goldanteils erfolgt mit einem seit Jahrhunderten bewährten, standardisierten Verfahren. Diese Analyse, auch Dokimasie genannt, liefert in kurzer Zeit Messwerte von unübertroffen hoher Genauigkeit – mit besser als plus/minus 1 Promille. Und das selbst bei hohen Goldgehalten.
Die Bestimmung von Platin und Palladium erfolgt mit dem gravimetrischen Verfahren und ist ungleich zeit- und arbeitsaufwändiger, da sie auf chemischen Fällungsreaktionen beruht. Je nach Materialart können Kosten zwischen 100 und 325 Euro je Analyse anfallen. Daher sollte vor jeder Platin-/Palladium-Analyse deren Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Einfach den vermuteten Gehalt an Platin bzw. Palladium mit der Menge des Scheidguts und dem Kurs des Edelmetalls multiplizieren. Der Wert sollte nach Möglichkeit die Analyse-Kosten übersteigen.
Aufgrund der Analyse-Ergebnisse wird die Plansche der eigentlichen Rückgewinnung der enthaltenen Edelmetalle zugeführt. Diese letzte Phase wird auch als Scheidung bezeichnet. Der Scheidevorgang setzt die vollständige Auflösung der Metalle in geeigneten Säuregemischen voraus.
Zur weiteren Ausarbeitung werden selektive elektrochemische Verfahren, Fällungs- und Reduktionsreaktionen sowie Glüh- und Schmelzvorgänge eingesetzt. Bei allen Arbeitsgängen sind strenge Umweltschutzvorkehrungen zu treffen.